Kennst du das? Jeden Tag nimmst du den gleichen Weg zur Schule, zur
Uni oder zur Arbeit.
So oft bist du jetzt schon diesen Weg gegangen oder gefahren, dass du
dich mittlerweile kaum an Details des Weges erinnerst. Du gehst zu
Hause los und kommst am Zielort an. Alles dazwischen ist Automatismus.
Das liegt daran, dass das Hirn es dir leicht machen möchte. Es blendet
alles aus, was nicht Besonders ist, um sich auf wirklich wichtige
Dinge konzentrieren zu können.
Wenn du hingegen einen unbekannten Weg nimmst oder dich auf Reisen
begibst, dann kannst du dich an Details in der Umgebung erfreuen, auf
die du sonst nie geachtet hättest.
Für die Kunst
Ich habe das Gefühl, dass diese Automatismen gerade für Künstler eine
buchstäblich unerschöpfliche Quelle von Material und Inspiration
verbergen.
Gute Künstler nehmen das Alltägliche und machen etwas Besonderes
daraus - oft nur dadurch, dass sie Aufmerksamkeit darauf lenken und
ihren eigenen Blickwinkel dazu aufzeigen.
Mache dir einmal bewusst, wie viel dir täglich entgeht!
Es ist unglaublich, wie gut wir in der Welt zurechtkommen, nur, weil
wir Dinge kennen, die denen ähneln, die wir hören, sehen, fühlen,
tasten oder schmecken.
Experiment
Vor einigen Tagen habe ich mit einem Experiment begonnen.
Nimm dir einen Stein, einen Tannenzapfen, ein Stück Holz, eine Pflanze
oder irgendein Objekt, das du gut bewegen, und am besten mitnehmen
kannst.
Sieh dir das Objekt genau an, und blende alle Versuche deines Gehirns,
dir zuzurufen "Das kenne ich!", aus.
Was für Besonderheiten fallen dir am Objekt auf?
Wie ist es beschaffen? Wie ändert sich sein Aussehen, wenn du
es im Licht drehst? Wie fühlt es sich an? Ist es kalt, warm, glatt
oder rau?
Welche Farbe hat es? Oder besser, welche /Farben/? Wo ist die Farbe
unterschiedlich? Warum ist das so?
Bei einem schon geöffneten Kiefernzapfen, den ich seit einiger Zeit
betrachte, bewundere ich jedes Mal die ebenmäßige Verteilung der
Schuppen und die subtile Varianz der Farben. Nur an einer Stelle ist
die Verteilung ungleichmäßig, was daran liegt, dass der Zapfen in eine
Richtung gekrümmt gewachsen ist!
Erkenntnis
Das scheinbar Banale neu zu entdecken, indem wir Dinge, die wir zu
kennen meinen, immer wieder mit allen Sinnen fasziniert erkunden,
lässt uns bisher unbemerkte Details entdecken.
Dies zeigt es uns, dass wir uns gegen den Gewöhnungseffekt
wehren können. Ist es nicht etwas Besonderes, dass wir jeden Tag von
Neuem, ohne dafür in ferne Länder reisen zu müssen, vor der eigenen
Haustür Millionen Wunder erfahren können?
Schließlich hilft es uns dabei, unsere Sicht auf die Welt zu erweitern, uns
kreativ auszudrücken, und in jedem unserer Werke das Geheimnisvolle
und Wundervolle der Welt widerzuspiegeln.
Bleibt gesund und munter.
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